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Artikel, Links und weitere Informationen zum Thema Rassismus

Die Dekolonisierung
weißer Kulturschaffender

Artikel von Blind Spots In The Sun in der Postkolonialismus-Ausgabe von Kulturmanagement Network Magazin

Sind wir alle Rassist*innen?
Dass es großen Nachholbedarf bei der Aufarbeitung deutscher Kolonial- verbrechen gibt, ist inzwischen selbst bei den behäbigsten Kulturinstitu- tionen angekommen. Und kaum jemand wird bestreiten, dass Rassismus im Zeitalter von Rechtspopulismus und der Verbreitung von rassifizierten Haßvorstellungen in sozialen Medien in Deutschland ein akutes gesellschaftliches Problem darstellt. Für eine Initiative wie Blind Spots in the Sun, die sich der Offenlegung der blinden Flecken in der weißen Mehrheitsgesellschaft gegenüber diesem Themenkomplex verschrieben hat, bedeutet dies zunächst, dass unser Anliegen, diesen Diskurs durch Kunstinterventionen und Aktivismus voranzutreiben, bei Kulturinstitutionen mit Offenheit und Wohlwollen aufgenommen wird.
Im Laufe unserer mehrjährigen Arbeit mussten wir aber wiederholt feststellen, dass genau die Inhalte, die wir zu vermitteln versuchen, ausgerechnet von Zuständigen in Kulturbehörden, öffentlichen und gemeinnützigen Kultureinrichtungen oder auch von Vertreter*innen
der Medien, die unsere Arbeit eigentlich unterstützen, nur oberfläch- lich oder teilweise gar nicht verstanden werden. Gemeint ist hier das geläuterte Selbstbild der Bildungselite der weißen Mehrheitsgesellschaft, die glaubt, das Thema Rassismus beträfe sie nicht. Viele Kulturschaffende wähnen sich Kraft ihrer progressiven Grundeinstellung frei von jeglichem Fehlverhalten. Rassismus wird dabei zu schnell vor allem im rechten Spektrum der Gesellschaft verortet. Dadurch wird der Rassismusbegriff zu eng gefasst, was wiederum dazu führt, dass beispielsweise... ZUM ARTIKEL: HIER KLICKEN


Der Künstler Henrik Langsdorf über seine Begegnung mit HAPPYLAND


Rassismus ist ein Thema, mit dem ich mich schon als 14-jähriger in Zeichnungen auseinandergesetzt habe. Nach über 20 Jahren in den USA, wo dieses Thema einem ständig entgegenschlägt, kam ich 2020 nach Deutschland zurück mit einer Art “HAPPYLAND”-Vorstellung meines Heimatlandes. In Deutschland haben wir uns gründlich mit dem Holocaust auseinandergesetzt und als Gesellschaft eindeutig Position gegen Rassismus bezogen. Zwar gibt es rassistische Gewaltverbrechen, aber die passieren am Rand der Gesellschaft, und werden von Rassisten ausgeübt, und nicht von den geläuterten Staatsbürgern, als die wir uns verstehen.

Als ich zum ersten mal von dem Buch “Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten” von Alice Hasters gehört habe, war meine spontane Reaktion: dieses Buch brauche ich, der sich seit seiner Jugend mit Rassismus beschäftigt und mit einer Schwarzen Frau verheiratet bin, nun wirklich nicht zu lesen. Ein Instinkt sagte mir jedoch, es trotz des von der Autorin bewußt provokant gewählten Titels zu tun. 

Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet wie kaum ein anderes. Mir wurde klar, wie wenig ich über die Lebensrealität von Schwarzen Menschen in Deutschland wußte und wie omnipräsent der Alltagsrassismus ist.

Als nächstes habe ich Exit Racism von der afrodeutschen Autorin Tupoka Ogette gelesen. Darin erkannte ich mich sofort wieder, als ich las: »Frau Ogette, ich habe das Gefühl, vierzig Jahre meines Lebens in ›HAPPYLAND‹ gelebt zu haben. Und Sie haben mich jetzt da rausgeschubst. Es fühlt sich an, als wäre ein Tornado durch meinen Kopf geweht.« Dies sagte ein Manager eines großen Kommunikationsunternehmens am Ende eines Workshops von Ogette.

In Exit Racism schreibt sie: “Deshalb macht man sich in HAPPYLAND auch vielmehr Sorgen darüber, rassistisch genannt zu werden, als sich tatsächlich mit Rassismus und dessen Wirkungsweisen zu beschäftigen. Fragt man die Bewohner*innen HAPPYLANDs, wie es denn so um Rassismus steht in dieser Welt, wird er*sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass das kein großes Thema mehr ist. Mehr noch, Happyländer*innen sind überzeugte Nicht-Rassisten. Nichts läge ihnen ferner, als jemanden bewusst auszugrenzen. Jedenfalls ist das nicht Teil ihres Selbstverständnisses. Sie halten sich für offen und tolerant. Das liegt daran, dass nicht nur das Wort, sondern auch die Gedanken daran aus HAPPYLAND verbannt wurden ..”

Dies hat mich dazu bewogen, mein eigenes, mit White Privilege komfortabel gepolstertes Weißsein kritisch zu hinterfragen und fordere alle dazu auf, dies ebenfalls zu tun. Es ist ein Reise, auf die wir uns begeben müssen — eine unbequeme Reise. Aber die Erkenntnisse, die wir dabei haben, werden nie so schmerzhaft sein wie die täglichen Nadelstiche des Alltagsrassismus, die wir nie werden erleben müssen und derer wir uns nicht bewußt sind, zu denen wir aber selbst oft unbewußt und natürlich ungewollt beitragen.

Tupoka: HAPPYLAND ist eine Welt, in der Rassismus das Vergehen der Anderen ist. In HAPPYLAND wissen alle Bewohner*innen, dass Rassismus etwas Grundschlechtes ist. Etwas, das es zu verachten gilt. Rassismus ist in HAPPYLAND enorm moralisch aufgeladen. Rassismus ist NPD, Baseballschläger, Glatzen und inzwischen auch die AfD. Es ist Hoyerswerda, Hitler und der Ku-Klux-Klan. Der Begriff ist nicht ambivalent, denn rassistisch ist, wer schlecht ist. Darüber gibt es in HAPPYLAND einen Konsens. Gelernt hat die*der Happyländer*in dies seit seiner oder ihrer* Kindheit. Immer wieder wurde es ihm oder ihr* eingebläut. Im Selbstverständnis der Happyländer und -länderinnen* hat das Wort ›Rassismus‹ keinen Platz. Auch andere verwandte ›Ismen‹ sind dort wenig vertreten. Kein Wunder also, dass mit Rassismus in Zusammenhang stehende Begriffe regelmäßig zum Unwort des Jahres gekürt werden – wie ›ausländerfrei‹ im Jahr 1991 oder auch ›Gutmensch‹ im Jahr 2015. Hinzu kommt, dass man in HAPPYLAND davon ausgeht, dass Rassismus etwas mit Vorsatz zu tun hat. Damit man etwas rassistisch nennen kann, muss es mit Absicht gesagt oder getan worden sein. Des Rassismus bezichtigt werden kann also nur jemand, der oder die* vorsätzlich beschließt, dass die nun folgende Handlung oder das im Folgenden Gesagte rassistisch sein soll. Eine Wirkung, die der Verursachende derselben nicht beabsichtigt hat, liegt entsprechend nur im Auge des Betrachters und der Verursachende trägt keinerlei Verantwortung dafür. Auch Absicht und Wirkung bilden in HAPPYLAND keine kausale Kette und haben – wenn überhaupt – nur sehr wenig miteinander zu tun. Die*der Happyländer*in entscheidet, wann und wie das Gesagte beim Empfangenden ankommt, wie es sich anfühlt oder anzufühlen hat. »Ich habe es nicht so gemeint, also musst Du nicht so beleidigt tun.«

Mir wurde von Schwarzen berichtet, daß wir Weißen mehr, viel mehr tun müssen, um uns zu informieren und zu aktiven Verbündeten im Kampf gegen jede Form von Rassismus zu werden. Gerade bei Progressiven und bei Grün-Wähler*Innen und sogar Politiker*Innen dieser Couleur bis hin zu Integrationsbeauftragten klafft oft eine große Lücke zwischen Selbstbild und einer tatsächlichen anti-rassistischen Grundhaltung.

„Wir brauchen eure Unterstützung“, sagt die Aktivistin und Grünen-Politikerin Aminata Touré. „Ihr müsst euch, auch wenn ihr nicht von Rassismus betroffen seid, verdammt noch mal positionieren. Auch in den Situationen, in denen keine People of Colour-Person anwesend ist, aber der Onkel oder eine Kollegin was raushaut. (…) Damit wir die Arbeit nicht alleine machen müssen.“

Hier noch ein sehr eloquenter Beitrag, den die Bloggerin Stefanie Luxat vor 2 Jahren geschrieben hat, der aber an Aktualität nichts eingebüßt hat:
Rassistin? Ich doch nicht! Über meinen Auszug aus dem HAPPYLAND und die Einladung, mitzukommen.
Ich lerne jeden Tag dazu. Ich ermuntere Euch alle, zum Einstieg in das Thema diese einschneidend wichtigen Bücher von Alice Hasters und Tupoka Ogette zu lesen, oder besser noch, weil sie von den Autorinnen selbst gelesen sind, als Hörbücher zu hören.

Bücher


Tupoka ogette

Exit Racism
Rassismuskritisch leben lernen

Robbie Aitken &
Eve Rosenhaft

Black Germany

The Making and Unmaking of a Diaspora Community84–1960

"Bei der Frage geht mir durch den Kopf, dass einige Leute immer noch nicht verstanden haben, dass zum Beispiel 'Schwarz sein' und 'deutsch sein' ganz wunderbar zusammenpassen." (Tarik Tesfu)
VON KEMI FATOBA

Let's talk about Rassismus! Wenn es darum geht, über Identität zu sprechen, stößt man schnell an die Grenzen der deutschen Sprache. In diesem Glossar findet Ihr daher die wichtigsten Begriffe, auf die Ihr in Zusammenhang mit Repräsentation immer wieder treffen werden.   VON TARIK TESFU

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